23.08.2017

Multimediahandel meldet Rekordtief

Marktbericht Consumer Electronics, von Luca Giuriato

Der Rückgang im Schweizer Multimediahandel geht weiter. Das Marktvolumen nahm in den vergangenen zehn Jahren um fast ein Drittel ab. Luca Giuriato, Senior Market Consultant bei GfK Switzerland, schreibt über die Gründe für die Talfahrt.

>> Marktbericht von Luca Giuriato, Senior Market Manager Consumer Electronics, GfK Switzerland AG.  Erstmals publiziert im CEtoday.ch, 21. August 2017. <<

Die Nachfrage nach Multimediaprodukten scheint im ersten Halbjahr 2017 gesättigt wie nie. Der Schweizer Handel mit Unterhaltungselektronik, Fotokameras, IT und Office-Produkten hat mit einem Umsatzvolumen von 1,856 Milliarden Franken ein Rekordtief verzeichnet. Trotz hoher Nachfrage nach Smartphones lag der Markt laut Statistik von GfK Switzerland rund 5 Prozent im Minus. Der Trend hält seit sieben Jahren in Folge an – mit weiterhin wenig rosigen Aussichten.

Sofern Kunden nicht dringend ein neues Gerät benötigen, können selbst absolute Preisknaller und Rabattversprechen aufgrund der gesättigten Nachfrage kaum noch zu einem Kauf bewegen. Der Kunde hat in den vergangenen Jahren gelernt, dass die nächste und eventuell bessere Promotion sowieso bald stattfindet. Eine vielverbreitete Haltung ist es gar, dass Warten sich eher lohnt als Kaufen.

1,3 Milliarden Franken weniger als noch vor zehn Jahren

Das Marktvolumen von Multimediaprodukten hat in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 28 Prozent oder 1,3 Milliarden Franken abgenommen. Ausser dem monetären Aspekt ist die "Ent-Emotionalisierung" gegenüber Multimediaprodukten ein weiterer sehr bedenklicher Faktor. Es gibt gewiss noch eine Zielgruppe, die sich mit Leidenschaft den Innovationen der Heimelektronik widmet. Doch Multimediaprodukte haben durch den massiven Preiszerfall der vergangenen Jahre deutlich an Reiz verloren.

Hinzu kommt, dass sowohl die Hersteller wie auch der Handel bei der Kommunikation oft eine andere Sprache als die Endkunden sprechen. Ausser Preisreduktionen versucht man offenbar mit zahlreichen technischen Begriffen die Kauflust der Käufer zu wecken. Dieser Versuch überfordert oder irritiert aber viele Endkunden gemäss einer kürzlich durchgeführten GfK-Studie.

Aufgrund der Umsatzflaute und der bei Privatkunden geringen Kauflust richten Detailhändler ihr Augenmerk vermehrt auf das Business mit Geschäftskunden. Im Umfeld der Schweizer KMUs und Konzerne scheint sowohl bei Multimedia-Hardware wie auch bei -Software und Dienstleistungen aktuell ein attraktiver Investitionsbedarf vorhanden zu sein. Im Zeitalter der Digitalisierung wollen beziehungsweise müssen viele Unternehmen ihre Infrastruktur à jour halten. Online- wie auch stationärer Handel haben das Potenzial längst erkannt und bearbeiten Firmen vermehrt mit gezielten Kommunikationsmaßnahmen, attraktiven Angeboten und entsprechendem Service.

Gebeutelte Unterhaltungselektronik

Am härtesten im Multimediamarkt hat es im ersten Halbjahr die Unterhaltungselektronik getroffen. Mit minus 15,2 Prozent steht der Markt für Braune Ware und Foto als größter Verlierer da. Insbesondere der stark gesättigte Teilmarkt für Fernseher geriet mit minus 25,7 Prozent gegenüber der ersten Jahreshälfte 2016 arg ins Hintertreffen.

Obschon im Vorjahr die Promotionen um die Fussball-Europameisterschaft einen positiven Einfluss auf das Umsatzvolumen hatten, war ein derartiger Umsatzrückgang im TV-Business im Folgejahr bislang noch nie zu verzeichnen. Die Mengen- wie auch die Umsatzentwicklungen erreichten ein historisches Tief und liegen deutlich unter den Werten, die ein geregelter Ersatzkaufmarkt im Normalfall hergeben würde. Allerdings gilt zu beachten, dass der TV-Markt in den vergangenen Jahren deutlich überhitzt war und Ersatzkäufe entsprechend auf sich warten lassen.

Weiterhin rückläufig bleibt auch die Nachfrage im Teilmarkt Digital Imaging. Einerseits scheinen die Konsumenten mehr und mehr Geld für neue Smartphones auszugeben, andererseits ist der Boom der Action-Cams offenbar vorbei. Neue Impulse werden durch Drohnen erwartet, die mit "Follow-Me"-Funktion das Filmen aus einer neuen Perspektive erlauben. Tatsächlich verkaufte der Schweizer Handel im ersten Halbjahr 2017 bereits 30'000 Drohnen, was gegenüber dem Vorjahr einer Zunahme um 105 Prozent entspricht.

Positive Akzente setzten im Zeitraum Januar bis Juni 2017 weiterhin Bluetooth-Kopfhörer und Minispeaker, DAB-Radios sowie Nischenprodukte wie Plattenspieler und AV-Receiver.

IT-Markt mit größtem Volumenverlust

Im Langzeitvergleich verlor der IT-Markt wohl am stärksten an Marktvolumen. Im ersten Halbjahr 2017 ging das Volumen in diesem Segment von rund 1,1 Milliarden auf aktuell 822 Millionen zurück. Das entspricht einem Verlust von 25 Prozent oder einer Summe von 278 Millionen Franken. Berücksichtigt man, dass gerade im IT-Umfeld der B2B-Anteil im Vergleich zum Consumer Business deutlich zulegen konnte, wird klar, dass ein ausschließlich auf Privatkunden ausgerichtetes Geschäftsmodell immer schwieriger wird.

Aus Produktsicht im IT-Markt bietet Computer Gaming mit einer grossen Produktvielfalt weiterhin tolle Verkaufschancen.